Was bedeutet Transition?

Unter Transition versteht man in der Medizin den geplanten Übergang von Kindern oder jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen von einer kindzentrierten hin zu einer erwachsenenorientierten Gesundheitsversorgung. Sie geht über den reinen Transfer, bei dem der Patient das Betreuungssetting wechselt und der lediglich ein einmaliges Ereignis darstellt, weit hinaus und meint prozesshaft das gesamte Geschehen, das über mehrere Jahre andauern kann. Die Phase der Transition ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Veränderungsprozesse [1].

Hürden beim Übergang ins Erwachsenenalter (Transition) [folgender Abschnitt zitiert nach 2]
Zahlen: Rund 60 % der Jugendlichen mit ADHS nehmen ihre Besonderheit ins Erwachsenenalter mit. 5 % der 18- bis 44-Jährigen sind in Deutschland von ADHS betroffen [3].

Hürden: Einem reibungslosen Übergang vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen mit ADHS stehen etliche Hürden im Weg.
• Die erste dieser Hürden heißt Unterdiagnostik. Sofern das ADHS nicht bereits im Kindesalter festgestellt worden ist, hat der junge Erwachsene deutlich schlechtere Aussichten auf eine richtige Diagnose und Therapie. ADHS ist noch nicht »auf dem Bildschirm« aller Ärzte und Psychotherapeuten angekommen.
• Die zweite Hürde ist die Schwierigkeit, auf den passenden Arzt zu stoßen. Über viele Jahre hin bestand zwischen dem Kinder- und Jugendarzt und seinem Patienten ein enges Vertrauensverhältnis, das dem Patienten Sicherheit und Zuversicht vermittelte. Es ist nicht leicht, einen Erwachsenenarzt zu finden, zu dem ein ähnliches Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Nicht selten kommt es deshalb an der Schnittstelle Volljährigkeit zu Therapieabbrüchen mit schlimmen Folgen für die Ausbildung und die ersten Jahre im Beruf. Nach einer Studie der AOK Hamburg wird im Alter von 18 Jahren nur noch ein knappes Viertel der ADHS-Patienten ausreichend behandelt [4]. Die Lösung des Problems könnte eine gemeinsame Sprechstunde von Kinder- und Jugendarzt und Erwachsenenarzt oder zumindest eine enge Zusammenarbeit der beiden Berufsgruppen sein.
• Eine dritte Hürde ist die unterschiedliche Ausprägung des Störungsbildes im Jugend- und Erwachsenenalter. An die Stelle der motorischen Unruhe tritt eine innere Unruhe und ein ständiger innerer Antrieb. Hinzu kommen Aufmerksamkeitsstörung, heftige Gefühlsschwankungen und Desorganisation. Begleiterkrankungen sind im Erwachsenenalter im Gegensatz zum Kindesalter nicht die Ausnahme, sondern die Regel:
– 60 % der jungen Erwachsenen mit ADHS haben eine Abhängigkeitserkrankung,
– 40 % haben eine affektive Störung (Depression),
– 35 % haben eine Persönlichkeitsstörung,
– 20 % haben eine Angststörung [5].

Autor
• Rainer H. Bubenzer, Gesundheitsberater, Eichstädt bei Berlin, 2018.
Bildnachweis
• mathisa (fotolia.com, 137684804).
Quellen
[1] Martina Oldhafer: Transitionsmedizin – Multiprofessionelle Begleitung junger Erwachsener mit chronischer Krankheit. Schattauer, Stuttgart, 2015.
[2] Rudolf Kemmerich: ADHS von A bis Z – Kompaktes Praxiswissen für Betroffene und Therapeuten. Kohlhammer, Stuttgart, 2017.
[3] Rösler M: Fortbildung ADHS-Horizonte. Berlin, Februar 2012. Zitiert in Kinder- und Jugendarzt. 2012;43(5).
[4] Bachmann CJ, Philipsen A, Hoffmann F: ADHS in Deutschland: Trends in Diagnose und medikamentöser Therapie. Bundesweite Auswertung von Krankenkassendaten der Jahre 2009–2014 zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Deutsches Ärzteblatt. 2017 Mar 3;114(9):141-8.
[5] Rösler M, Retz W: Diagnose, Differentialdiagnose und komorbide Leiden der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter. Psychotherapie. 2008;13(2):175-83.

Bitte Ihre Frage, Anmerkung, Kommentar im folgenden Feld eingeben